Debrecener Großkirche Ausstellungen (2013.04.06-12):
In Debrecen, gelegen in Ostungarn, nahe der Pusztalandschaft Hortobágy, leben und arbeiten die Mitglieder der Guba-Weber-Gesellschaft.
Der Guba-Mantel stellte im 17.-18. Jahrhundert ein für diese Region typisches Kleidungsstück dar. Er wurde aus der Wolle des hier seit Urzeiten heimischen Zackelschafes gewebt. Im Debrecener Déri-Museum sind die Werkzeuge der einstigen Guba-Weber sowie 19 Guba-Mäntel zu sehen. Nach eingehendem Studium dieser machten sich die heutigen Guba-Weber erneut an die Fertigung des Guba-Mantels.
Gemeinsam mit dem Verein für Volkskunst im Komitat Hajdú-Bihar nahm die Gesellschaft an einer Ausschreibung teil und erhielt so finanzielle Unterstützung für ihre Arbeit. Die Mitglieder der im Jahre 2009 gegründeten Guba-Weber-Gesellschaft entwerfen und weben seither Guba-Mäntel, die in ihrer Form natürlich dem heutigen Geschmack angepasst sind. Einen ersten großen Erfolg konnte die Gesellschaft 2010 auf dem Handwerkerfest in der Budaer Burg verbuchen. Hier wurde das sog. Guba-Zelt anerkennend hervorgehoben. Aufgrund ihrer guten Verbindungen zu Finnland konnte die Gesellschaft ihre neuartigen Guba-Mäntel auch in Saarijarvi ausstellen. Zwei Guba-Mäntel gelangten auf die Ausstellung „Debrecener Trachten einst und jetzt” im Kulturzentrum von Debrecen. Emma Borbély fertigte für das Debrecener Déri-Museum im Rahmen museumspädagogischer Aktivitäten die Rekonstruktion eines schwarzen Guba-Mantels mit Lämmerlöckchen. Im August 2011 nahm die Gesellschaft an einer Textilkonferenz mit Wettbewerb im ungarischen Heves teil. Hier erhielt die Weberin und Volkskünstlerin Emma Borbély den ersten Preis und die anderen Mitglieder der Gesellschaft einen Sonderpreis. Auf der Konferenz hielt Emma Borbély einen Vortrag über den Debrecener Guba und seine Erneuerung. Die preisgekrönten Werke sowie der Vortrag gelangten auch auf die Ausstellung im Haus der Traditionen des Budapester Kunstgewerbemuseums. Im Juli 2012 wurden die Guba-Mäntel im Rahmen der Veranstaltungsreihe Sommerabendmusik im Wolle-Haus von Emma Borbély ausgestellt.
Heute sind die Guba-Weber darauf bedacht, ihre Kleidungsstücke für Jung und Alt, Mann und Frau zu entwerfen und anzufertigen. Diese sollen warme, individuell und modern gestaltete, dennoch an die Debrecener Traditionen anknüpfende Mäntel und Jacken aus natürlichem Rohmaterial sein.
In ihrem Film zeigt die Gesellschaft einzelne Momente der Guba-Fertigung und macht mit dem berühmten Debrecener Guba-Mantel mit Lämmerlöckchen bekannt. Wie Forschungen belegen, ist dieses Kleidungsstück in Hinsicht auf sein Material und seine Webtechnik einzigartig in der Welt. Seinen Wert erhöht zudem die Tatsache, dass man das Ausgangsmaterial nicht durch die Tötung der Schafe, sondern durch das ihnen „wohltuende” Scheren erhält. Wenn das Schaf vor Eintritt des Sommers von seinem dicken Winterfell befreit wird, ist das Leben in der Sommerhitze erträglicher.
Heutzutage wird die grobe, langhaarige Wolle der Zackelschafe nur selten genutzt und ihre Vermarktung ist nicht einfach. Doch eine sorgsam gehaltene Zackelschafherde mit den korkenzieherartig gedrehten Hörnern, der eleganten Gesichtsform und dem lockigen Fell bietet auf unserer schönen Hortobágy immer wieder einen bewunderswerten Anblick.
Sinn und Zweck der Guba-Weber-Gesellschaft ist es, dieses traditionelle Kleidungsstück in die moderne Bekleidungskultur einzuführen. Der Guba soll seine herkömmlichen Eigenschaften bewahren und dennoch dem Geschmack und der Mode von heute entsprechen.
Hier eröffnet sich eine Möglichkeit, Traditionen aus der ungarischen Bekleidung zu bewahren und mit modernen tragbaren Elementen wieder in Mode zu bringen.
Der Guba mit Lämmerlöckchen ist ein Oberbekleidungsstück aus der Wolle vom Zackelschaf. Im 18.-19. Jahrhundert gehörte er zu der allseits bekannten Tracht. Als Grundlage diente das sog. Guba-Tuch, für das es schon schriftliche Belege aus dem Jahre 1387 gibt. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts galt der Guba mit Lämmerlöckchen über mehr als hundert Jahre als beliebtes Kleidungsstück in der Ungarischen Tiefebene. Im Jahre 1770 gab es schon 350 Guba-Weber, die den Debrecener Guba mit Lämmerlöckchen fertigten. In den 1840-er Jahren stellten sie an die 20.000 bis 25.000 Stück her.
„Der Guba ist ein Oberbekleidungsstück aus reiner ungarischer Schafwolle, das der menschliche Erfindergeist zum Schutz gegen Wind und Wetter und somit zum Erhalt des körperlichen Wohls und der Gesundheit hervorgebracht hat. Es ist notwendig, hier den Ausdruck ’aus reiner ungarischer Schafwolle’ zu erklären. Unter dem Namen ’ungarisches Schaf’ ist jene Rasse zu verstehen, die sich durch langhaarige, zumeist strähnenartig gelockte Wolle auszeichnet. So konnte beispielsweise die Wolle des deutschen Schafes nicht für den Guba verarbeitet werden. Die Bezeichnung ’reine Wolle’ bezog sich nicht allein auf die Sauberkeit der Wolle, sondern darauf, dass nur Schafwolle und zwar neue Wolle verwendet werden durfte, um in Debrecen den Guba herzustellen. Andernorts gab es Weber, die auch Rinderhaar oder von alten Pelzmänteln abgeschorene Wolle nahmen. In Debrecen war man sehr auf die Reinheit der zu verarbeitenden Wolle bedacht. Bei Märkten wurde dies auf gesondert ausgehängten Tafeln Gesellschaft gekennzeichnete: Guba-Weber, der mit reiner Debrecener Wolle arbeitet."
(Imre Harsányi, Guba-Weber, Träger des Silberkranzes)
Robert Townson schreibt in Travels in Hungary (with a short account of Vienna in the year 1793)
[London, 1797, Kap. IX, ab S. 238] über den Debrecener Guba wie folgt:
"Der Guba ist, soviel ich weiß, ein spezielles, für Ungarn typisches Produkt, und auch hier wird er nur an einigen Orten gefertigt. Er ist ein äußerst angenehmes Kleidungsstück für alldiejenigen, die von Berufs wegen der Unbill des Wetters ausgesetzt sind, wie zum Beispiel die Hirten und Schäfer. Der Guba kann überall dort gefertigt werden, wo Schafe mit langer Wolle (Zackelschafe) gezüchtet werden: Der Guba ist eine vollkommene Imitation des Schafwollvlieses.
Elegantere Guba-Mäntel werden aus der Wolle von Lämmern oder jungen Schafen gefertigt: die Guba-Mäntel aus blau gefärbter Lammwolle sind (vielleicht ihrer bläulich schwarzen Farbgebung halber) sehr ansehnlich und ersetzen zur Winterszeit jeden Fellmantel. Sie sind auch dreimal so teuer wie die gewöhnlichen Guba-Mäntel.
Die gewaschene, gezupfte und kardierte Wolle wurde versponnen und dann gewebt und gekämmt, um überflüssige Haare zu entfernen. Im weiteren musste das Gewebe gewalkt werden, um es zu verdichten. Für den Guba mit Lämmerlöckchen wurden gelockte Lammsträhnen mit eingewebt, an den Schultern recht dicht und am Mantelsaum nicht so eng beieinander. Für schwarze Mäntel wurden auch die Lockensträhnen eingefärbt. Vom Schnitt her ist der Guba-Mantel einfach. Er galt als praktisches Kleidungsstück, weil er vor Kälte ebenso wie vor Wind und Wetter schützte, aber nie zu warm wurde."
Als ihre fachliche Leiterin Emma Borbély
Jungmeisterin der Volkskunst, Weberin und Kunstgewerblerin, Pädagogin, Fachberaterin, Fachlehrerin
Magdolna Nagy
Weberin und Kunstgewerblerin, Pädagogin, Fachlehrerin, Leiterin eines volkstümlichen Spielhauses für Kinder
Ibolya Szabó-Lipcsei
Weberin und Volkskünstlerin, Pädagogin, Fachlehrerin
Dr. Márta Menyhárt
Weberin und Kunstgewerblerin
Ildikó Simay-Paróczai
Jungmeisterin der Volkskunst, Weberin und Kunstgewerblerin, Pädagogin, Fachlehrer